Schwanger werden mit 35+

Natürlich gibt es Frauen, die werden auch mit 37 oder 42 Jahren „einfach schwanger“. In Einzelfällen auch mal mit 48... aber es gibt eben auch verdammt viele Frauen, denen dieses Glück nicht „einfach so“ begegnet und die einen sehr langen Weg bis zu ihrem Baby auf sich nehmen.

In meiner Instagram-Umfrage Anfang Januar, in der ich nach den Herausforderungen und Schwierigkeiten fragte, mit denen Kinderwunsch-Frauen ab 30 zu tun haben, machte die Gruppe der 35-40 jährigen, die sich beteiligten ca. 20% aus.

Da diese Altersgruppe auch in meiner Praxis stets größer wird, möchte ich heute speziell alle Frauen mit 35+ und älter und ihre besonderen Herausforderungen beim Erfüllen ihres Kinderwunsches in den Fokus nehmen.


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Im 1. Teil werde ich auf einige Risiken, statistischen Wahrscheinlichkeiten und besonderen Herausforderungen eingehen und im 2. Teil ganz praktisch zeigen, wie du dein Glück einladen und deine Fruchtbarkeit mit 35+ verbessern kannst. Denn was nützt eine Statistik, wenn wir daraus nicht etwas hilfreiches ableiten und am Ende stehst immer noch du, als einzigartiges Individuum.

Let´s go!

Was bedeutet es, sich mit 35+ ein Kind zu wünschen? Bin ich damit etwa allein...?


Nein natürlich nicht, denn das durchschnittliche Alter von Frauen, die ihre erstes Kind erwarten, ist in den letzten Jahrzehnten weltweit enorm angestiegen. So lag das Alter einer erst-gebährenden Frau 2015 in Deutschland bei 31 Jahren. Demgegenüber waren Frauen 1980 zwischen 22 Jahre (Ostdeutschland) und ca. 25 Jahre (Westdeutschland). Was für ein Sprung innerhalb dieser relativ kurzen Zeit! 

Dabei muss man sich ja bewusst machen: Das Durchschnittssalter gibt den Durchschnitt an, das heißt: Es gibt immer mehr Frauen, die sind eher 35 Jahre und älter und eher viel weniger junge Frauen Anfang 20. Und das bedeutet...ja, es ist möglich. Und du mit deinen 35+ bist definitiv keine exotische „Randgruppe“.

Warum Frauen immer länger warten, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, hat zum großen Teil mit Lebensbedingungen, länger werdenden Ausbildungsverläufen und der sich ändernden gesellschaftlichen Rolle der Frau zu tun. Das soll aber heute gar nicht unser Thema sein...ist aber auch ein spannendes Feld.

Was erwartet Frauen, die sich mit 35+ Jahren ihren Kinderwunsch erfüllen wollen?


Zum einen: Die meisten Krankenkassen bezahlen reproduktionsmedizinische Kinderwunschbehandlungen, wie Insemination, IVF und ICSI meist nur bis zum 40. Geburtstag der Frau. Und auch die Kinderwunschkliniken haben häufig eine Altersbegrenzung, die oft bei ~45 Jahren für die Frau liegt.

Zum anderen: Unsere Zell-Biologie - oder vereinfacht gesagt - die Evolution hat uns Frauen noch nicht unbedingt mit größerer Fruchtbarkeit belohnt, trotz verbesserter Lebensbedingungen. Unsere innere Uhr tickt noch ziemlich steinzeitlich. 

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Im Vergleich zu unseren nächsten Verwandten, den Affen, nehmen wir aus Sicht der Fruchtbarkeit eine Sonderstellung ein. In einer Studie wurden 7 Affenarten auf die Länge ihrer fruchtbaren Phase untersucht und die meisten waren bis zu ihrem Lebensende fruchtbar und gebärfähig. Das bedeutet, unsere Lebenserwartung in Jahren ist zwar rasant gestiegen, die Fruchtbarkeit hat aber leider nicht mitgezogen.

Warum die Fruchtbarkeit sinkt und das Fehlgeburtsrisiko steigt


Damit stecken wir in einem Dilemma...!! Mehr als 70 Jahre durchschnittliche Lebenserwartung und weniger als die Hälfte dieser Zeit fruchtbar 😢 Denn leider leider sinkt unsere Fruchtbarkeit ab Ende Zwanzig bereits unmerklich und ab dem 35. Lebensjahr deutlich. An dieser Stelle möchte ich einen weit verbreitetem Irrtum aufklären: 

Ein regelmäßiger Zyklus, der wie ein „Schweizer Uhrwerk“ funktioniert ist, ist leider kein Hinweis auf eine hohe Fruchtbarkeit und Schwangerschaftswahrscheinlichkeit. 

Und auch die Aussage deines Arztes: "Solange sie einen regelmäßigen Zyklus haben, können Sie ohne Probleme schwanger werden“ lässt dich in fataler falscher Sicherheit fühlen.

Unsere Zellen altern und während der Zellteilungen „schleichen“ sich Fehler ein, die bei der nächsten Teilung wieder mitgegeben werden und so weiter...Gerade in den Keimzellen, also unseren Eizellen, sind solche „Fehler“ besonders gravierend. So können z.B. Chromosomen fehlen oder mehrfach vorhanden sein. Mediziner nennen das auch Aneuploidie

Das Risiko aneuploider Eizellen steigt ab dem 35. Lebensjahr stark an. Bislang gehen Ärzte davon aus, dass 50-80% der Eizellen einer 40-jährigen Frau Chromosomen-Anomalien aufweisen und damit nicht oder nur begrenzt entwicklungsfähig sind. Damit wird auch der Anstieg der frühen Fehlgeburten, der ab dem 35. Lebensjahr beobachtet wird, erklärt. „Begrenzt“ entwicklungsfähig bedeutet, es kommt zu den ersten embryonalen Teilungen, Einnistung...und dann stoppt die Entwicklung.

Das düstere Fazit: Ein erst später im Leben entstehender Kinderwunsch trifft auf steinzeitliche Fruchtbarkeit. Mit zunehmendem Alter steigt die Rate aneuploider Eizellen und auf dem Fuße folgt die steigende Fehlgeburtsrate.

Nein, ich lass euch doch jetzt nicht im grauen Regen stehen, denn natürlich wurde das Problem längst erkannt. Lasst uns schauen, was es an Lösungen gibt...


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Kann ich meine Fruchtbarkeit steigern und meine Eizellen verbessern?


Ein glasklares: Jein! Auch wenn seit Jahren der „pimp my egg“ Boom, der aus Amerika zu uns geschwappt ist anhält und du natürlich die noch vorhandenen 20-50%* gesunden Eizellen „füttern“ und „pimpen“ kannst, aber eine bereits aneuploide Zelle, also eine Zelle mit verändertem Chromosomensatz wie Trisomie 21 ist durch Omega-3 oder DHEA und Co. nicht „heilbar“.

Aber halt: Statistik ist das eine, dein Körper ist das andere. Du WEISST nicht, wie die jetzt gerade heranreifenden Eizellen qualitativ aussehen. Also ja, kümmere dich darum, deine „guten“ Eier, die es definitiv gibt. Coenzym Q10 kann laut Studien helfen, deine Eizellen vor alterbedingten Teilungsschäden in gewissem Rahmen zu schützen.

Außerdem ist deine Eizell-Qualität nicht alles. Du brauchst auch:


💚 Eine sich gut aufbauende Gebärmutterschleimhaut (Endometrium),

💚 Eine wunderbar funktionierende Schilddrüse,

💚 Ein harmonisches Zusammenspiel deiner Geschlechtshormone,

💚 Genügend Zellbaustoff (z.B. in Form von Eisen, Eiweißen plus 48 andere Nährstoffe) und

💚 Ein gesundes Immunsystem, das weder „überreagiert“ (zu viele Killerzellen) noch total am Boden ist (viele Infektionen, Keime, Entzündungen...).

All diese Faktoren kannst du beeinflussen und damit deine Fruchtbarkeit steigern, die eben mehr ist als „nur“ die Eizelle oder ein Laborwert wie das Anti-Müller-Hormon (AMH-Wert).

* Damit beziehe ich mich auf die oben beschriebene Annahme, dass bei einer 40-jährigen Frau zwischen 50-80% der Eizellen „kaputt“ bzw. „fehlerhaft“ sind.

"Fruchtbarkeit ist der höchste Ausdruck von Gesundheit" 

Diesen sehr weisen Satz habe ich irgendwo gelesen, weiß aber leider nicht mehr wo...

Welche Risiken nehmen bei einer Schwangerschaft mit 35+ zu?


Lass uns auch einen Blick auf die statistisch höheren Risiken werfen, die mit dem „höheren biologischen Alter“ einhergehen. (Nein, ich denke nicht, dass wir Frauen jenseits der 35 ein sogenanntes „höheres Alter“ haben, dafür fühle ich mich mit meinen 48 Jahren noch viiiell zu jung 😄 Aber das ist halt der Ausdruck, den Ärzte und Wissenschaftler verwenden.

Es gibt einige Risiken, die mit dem biologischen Alter zusammenhängen:

  • Neben den schon oben genannten häufiger auftretenden Fehlgeburten, ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eine Behinderung entwickelt, höher.
  • Es besteht ein höheres Risiko einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln, der ernsthafte Konsequenzen für das Kind birgt.
  • Es kommt zwar selten vor, wenn dann jedoch eher bei älteren Frauen, die Blasenmole. Dabei beginnen die Zellen des Plazentagewebes sich blasenartig umzuwandeln und zu wuchern. Die Blasenmole kann leider auch „bösartig“ werden und sich in ein Tumorprozeß verwandeln.
  • Fruchtwasserembolie (während der Geburt dringt Fruchtwasser in den mütterlichen Kreislauf, was zu Kreislaufschock und Herzstillstand führen kann).
  • Babys von Frauen ab 40 werden oft kleiner, unreifer und mangelhafter ernährt geboren (niedriges Geburtsgewicht).
Nachdem wir uns nun damit beschäftigt haben, was dich als Frau mit 35+ und Kinderwunsch erwartet, soll es im 2. Teil um Tipps und Ansätze gehen, wie du dennoch dein Glück ein Baby zu bekommen einladen kannst.

Falls Du Fragen hast, schreib mir gern einen Kommentar oder kontaktiere mich per Email
Alles Liebe, deine Kathrin 💚🍀🌿



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